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Der Kreislauf nimmt Fahrt auf! Bericht von der 31. Dresdner Verpackungstagung

Das Netzwerk der Verpackungswirtschaft traf sich am 2. und 3. Dezember 2021 im Rahmen der Digitalen Verpackungstage des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi). Führende Vertreter aus Wirtschaft, Forschung, NGOs und Start-ups beleuchteten beim großen Jahresabschlusstreffen der Branche die aktuelle Situation rund um die Kreislaufwirtschaft der Verpackung, brachten Insights zu Recycling und Rezyklateinsatz und stellten innovative Wege zu noch mehr Nachhaltigkeit und dem Einsatz digitaler Technologien vor. Unterstützt von einem speziellen Matchmaking-Tool bot die Veranstaltung den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zudem die Möglichkeit für intensive Netzwerkarbeit und zur Nachwuchsgewinnung.

„Anders denken spielt zurzeit eine große Rolle“, begrüßte dvi-Geschäftsführer Winfried Batzke die Teilnehmer der 31. Dresdner Verpackungstagung, die auch dieses Jahr in ihrer virtuellen Form als Digitale Verpackungstage stattfand. „Es geht um Verkehr ohne Emissionen, Essen ohne Fleisch und Verpackung ohne Abfall. Wie wir einen Kreislauf ohne Ecken und Kanten für die Verpackung umsetzen können, wo wir aktuell stehen und welche Wege zum Ziel führen, das thematisieren wir in den kommenden zwei Tagen.“

Die Recycling-Situation auf dem Prüfstand
Im ersten Vortrag der Digitalen Verpackungstage gab Dr. Joachim Christiani, Geschäftsführer des Institut cyclos, einen spannenden Einblick in den Stand der Recyclingtechnologie und stellte unterschiedliche Recyclingverfahren auf den Prüfstand. In seinen Augen sind die Recyclingquoten von 50 Prozent, die das VerpackG in Bezug auf die Brutto-Sammelmenge fordert, insbesondere für das kommende Jahr „sehr sportlich“. Das liege nicht zuletzt an dem hohen Anteil von 30 Prozent Fehlwürfen, die das System im Mittel aufweise. Im Fokus stehe insbesondere der Kunststoff. „Hier müssen Rezyklat-Produktion und Rezyklat-Applikationen maßgeblich ausgebaut werden“, so Christiani. Bislang habe man vor allem diejenigen Materialien, die gut vermarktbar sind, in der Produktausbeute maximiert und die entsprechenden Prozesse hochskaliert. LDPE sei eines der Sorgenkinder. „Es hat seinen Hauptanwendungsbereich in Verpackungen, ist sehr dünnwandig, oft bedruckt und verschmutzt sowie aufgrund der zehnfach erhöhten Oberfläche gegenüber formstabilen Verpackungen in der Aufbereitung relativ teuer.“ Im Fazit seines Vortrags stellte Christiani fest: „Verpackungen sind anthropogene Rohstoffe, die wir in unserem Sinne gestalten können. Eine vernetzte, iterative Optimierung ist der Schlüssel zum Erfolg. Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen des Recyclings sind jeweils werkstoffspezifisch zu analysieren. Defizitär sind aktuell insbesondere die massenrelevanten Bereiche flexibler Kunststoffverpackungen und PET-Trays. Eine Schaffung von Pullmärkten für Rezyklate ist zur Stabilisierung der Recyclinginfrastruktur und als Innovationstreiber unbedingt erforderlich. Eine Priorisierung von Rezyklateinsatz mit ausschließlicher Fokussierung auf Kunststoffverpackungen wird den Ökomarketing-Trend „Weniger Plastik“ durch Wechsel z.B. auf faserbasierte Verbundstrukturen verstärken und sich innovationshemmend auswirken.“

Praxiserfahrungen mit dem Einsatz von Rezyklaten
Um das Verwertungsziel zu erreichen und Rohstoffe im Loop zu behalten, brauche es mutige Pioniere, die das „einfach mal machen“, führte dvi-Geschäftsführer und Moderator Winfried Batzke den Vortrag von Michael Düsener, Head of Purchase der COMPO GmbH, ein. Konkret berichtete Düsener in der Folge unter der Überschrift „Nachhaltigkeit neu denken“ über die Compo-Perspektive des Verpackungsrecyclings und zeigte Best-Practice-Beispiele aus seinem Haus. Er ging der Frage nach, was Nachfrager von Recyclingmaterialien mittelfristig erwarten, wie es um die Versorgungssicherheit steht und ob ein Wandel vom heutigen zum zukünftigen Kunststoffrecycling existiert. Sorge bereitet Düsener, dass der Handel sich zunehmend seine eigene Versorgung mit Rezyklat sichere, dabei an seinen Vorlieferanten vorbeigehe und tiefer in die Wertschöpfungskette eindringe. „Es droht ein Ausverkauf der Kapazitäten“, so Düsener. Als Ausweg bliebe, sich Partnerschaften zu suchen und die Partner langfristig zu binden. Zum Thema der Rahmenbedingungen für die Entwicklung recyclingfähiger, nachhaltiger Verpackungen hob Düsener drei Punkte hervor: Die Listungsbereitschaft der Handelspartner, die in den letzten zwei Jahren sehr hoch geworden sei. Die Mengenverfügbarkeit je Kunststofffraktion sowie deren jeweilige technische Einsatzfähigkeit. Zu diesem Punkt bekamen die Tagungsteilnehmerinnen spezifischen Einblick in die Varianten rHDPE im Blasformverfahren für Hohlkörperverpackungen, PP-Rezyklate im Spritzgussbereich und Folienextrusion als schwierigste Stufe der Verarbeitung von Rezyklaten. Düseners Fazit: „Die Weiterverarbeitung der Produkte bei der abfüllenden Industrie ist mit wenigen Ausnahmen bei allen Materialfraktionen unproblematisch und vergleichbar mit den Qualitäten aus Neuware.“ In Bezug auf Neuware gab der Head of Purchase noch zu bedenken, dass es vielleicht auch mal gut sein müsse, Neuware in den Verkehr zu bringen, wenn diese 100 Prozent recycelbar sei. Das könne einen positiven Einfluss auf die Mengenstrukturproblematik haben.

Gute Sammelquoten aber gegenläufige Entwicklungen
Gunda Rachut, Vorstand, Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister und in den Worten von Winfried Batzke „Grande Dame der Materialströme“, informierte die Teilnehmer anhand konkreter Beispiele und Zahlen über recyclinggerechtes Design und Rezyklateinsatz, den Sachstand Recycling im dualen System und den Ausbau des § 21 VerpackG in der kommenden Legislaturperiode. Außerdem gab Rachut einen Ausblick zu den erwartbaren Details bei der Weiterentwicklung des VerpackG und der Verpackungsrichtlinie. Für das Jahr 2020 vermeldete Rachut einen Anstieg in allen Sammelgruppen. Dennoch werde die Quotenerfüllung für 2022 eine große Herausforderung, nicht zuletzt aufgrund gegenläufiger Tendenzen. Dazu gehören laut Rachut ein hoher Anteil von gut verwertbaren Verpackungen, die in das Pfandsystem wechseln, eine Zunahme von schwer verwertbaren Verbunden und die Tendenz von Handelshäusern, für verwertbare Verpackungen die Eigenrücknahme zu starten. Kritisch äußerte sich Rachut zu den faserbasierten, aber beschichteten Verpackungen sowie den Verbunden. „Im gelben Sack nimmt das Papier nicht zuletzt durch Restfüllgüter Feuchtigkeit auf und fängt an zu schimmeln. Das erschwert das Recycling“, so Rachut. In Bezug auf die Neuregistrierungen bei der Zentralen Stelle berichtete die Vorständin von einem Boom, der zur Hälfte aus Deutschland und zur Hälfte aus China komme. „Das hat wohl mit den neuen Regelungen für Marktplätze zu tun“, vermutet Rachut. Auf die Frage, ob die aktuellen Rahmenbedingungen auch die Nachhaltigkeit förderten oder nur das Recycling, wies Rachut darauf hin, dass Nachhaltigkeit einen anderen Fokus mitbringe. „Wenn ich auf Nachhaltigkeit blicke, muss ich Füllgut und Verpackung betrachten. Der ökologische Fußabdruck des Füllguts ist immer so viel höher, als der der Verpackung, dass ich das anders betrachten muss. Aber das sind dann Fragen, die unfassbar mehrdimensional sind. Woher kommen unsere Produkte? Wie ist unser Konsum? Im Moment haben wir einen Bottom-Up-Ansatz. Vielleicht sollten wir mal von oben drauf schauen und fragen: Wie ist unsere Ressourcenstrategie?“

Rezyklat: Verfügbarkeit, Beschaffung und digitale Chancen
Wie verfügbar sind Rezyklate? Diese Frage beantwortete Christian Schiller, Gründer und Geschäftsführer der cirplus GmbH, einer digitalen Beschaffungsplattform für Rezyklate. Live von einer Investorenkonferenz aus Helsinki zugeschaltet berichtete er seinem mit spannenden Insights gespickten Vortrag, dass hochwertiges Rezyklat bei acht von zehn Lieferanten auf drei Monate ausverkauft sei. Es gebe aktuell einen Sellers-Markt, auf dem Anbieter alles, was in vertretbarer Qualität vorliege, verkauften könnten. Schiller gab eindrückliche Beispiele für seine Aussagen. So habe sich der Preis für rPET seit Januar 2021 um 74 Prozent verteuert und LDPE in Folienqualität um 66 Prozent. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage habe sich im gleichen Zeitraum von 80:20 auf 35:65 verändert. Für seine Plattform, die Schiller zu einem „One-Stop-Shop für Circular Plastic“ machen will, gebe es entsprechend hohes Interesse von Investorenseite. „Wir sind einfach, kosteneffizient und transparent. Als reine Softwareentwickler, stellen wir selber keine Rezyklate her, sondern wir verbinden Angebot und Nachfrage. Digitale Geschäftsmodelle zu etablieren ist immer dann am Lohnendsten, wenn sich Dinge verändern“, so Schiller. Eine wichtige Rolle prophezeit Schiller der neuen DIN SPEC 91446 als Standard für Recyclingkunststoffe. Diese habe man gemeinsam mit dem DIN, Wissenschaft, Forschung und Unternehmen entwickelt und sie werde „einen Schub für das Kunststoffrecycling bringen, denn es geht um Vertrauen: Vertraue ich dem Anbieter und vertraue ich dem Material?“ Bei Cirplus könnten entsprechende Einkaufsspezifikationen folgerichtig im DIN-Standard hinterlegt werden. 

Sieben Hebel für die Verpackungswende
Laura Griestop, Manager Sustainable Business and Markets des WWF Deutschland stellte die Ergebnisse einer jüngst veröffentlichten Studie vor. Sie trägt den Titel „Verpackungswende jetzt! So kann ein Systemwandel hin zu einer Circular Economy für Kunststoffe in Deutschland funktionieren.“ Der WWF sieht Verpackungen laut Griestop mit dem Potential „Vorreitersektor für eine funktionierende Circular Economy“ zu werden, wenn das entsprechende Potential gehoben werde. Dafür definiert die Studie sieben zentrale Hebel mit einem jeweiligen Einspar- bzw. Veränderungspotential. Drei dieser Hebel hob Griestop in ihrem Vortrag hervor: Das Eliminieren und minimieren von Verpackungen, das den Kunststoffverbrauch um acht Prozent senken könne. Der vermehrte Einsatz von Mehrweglösungen, die den Kunststoffverpackungsabfall um 23 Prozent senken könnten. Und schließlich Design for recycling, das beispielsweise über die Abschaffung von Multilayern den Closed Loop im Kunststoffrecycling um 30 Prozent erhöhen könne.

Chemisches Recycling
In Bezug auf das Chemische Recycling gab Griestop zu verstehen, dass das für den WWF „noch ein bisschen eine Black-Box ist. Wir müssen Kreislauf schließen, aber Vermeiden, Mehrweg, Design für Recycling sind unsere Präferenzen“, so Griestop. Beim Chemischen Recycling stellten sich beispielsweise Fragen nach dem Energieverbrauch und nach dem Entstehen und Eliminieren von Schadstoffen. Zu bedenken sei auch, wie sich Stoffreinheit und Stoffströme erreichen lassen und wie verhindert werden kann, dass Materialien den anderen Kreisläufen entzogen werden.
Auch Gunda Rachut äußerte sich vorsichtig: „Wenn ich mit relativ viel Energie aus Monomeren Polymeren mache, um danach mit viel Energie aus Polymeren Monomere zu machen, dann stellt sich die Frage, ob das lohnt? Beim Verbrennen nutze ich zumindest den gesamten Energiepotential. Mit Stoffströmen aus reinem PET und PP wäre Chemisches Recycling gut vorstellbar, aber genau diese Stoffe kann ich auch so gut recyceln. Andere Materialien, die im klassischen Recycling schwierig sind, sind auch im Chemischen Recycling schwierig. Das sind limitierende Faktoren.“
Joachim Christiani plädierte dafür, den Entwicklern etwas Zeit zu geben. Aber auch bei ihm herrschte eher Skepsis vor: „Ich habe seit 30 Jahren einige Verfahren kennengelernt. Und aus diesen Erfahrungen heraus prognostiziere ich, dass es wohl teuer werden wird. Und es wird schwierig werden, Stoffströme zu finden, die zum Verfahren passen. Die Verfahren an sich sind alle nicht neu und die Gesetzmäßigkeiten bleiben.“ Außerdem wies Christiani darauf hin, dass man im Labor fast alles machen könne. „Aber es zählt, was in der Praxis funktioniert. Reale Abfallströme sind immer noch Mal was Anderes“, so Christiani.

Biokunststoffe
In der Diskussionsrunde, die den ersten Tag abschloss, ging es auch um das Thema der sogenannten Biokunststoffe. Für den WWF ist es nach Auskunft von Laura Grietop wichtig, "Kreisläufe zu schließen und auch Biokunststoffe wieder zu recyceln. Die Herkunft der biobasierten Materialien sollte dabei immer mitbetrachtet werden." Wichtige Themen in diesem Kontext seien: keine Konkurrenz zu Lebensmittelproduktion, Entwaldungsfreiheit, Vermeidung von Monokulturen und übermäßigem Einsatz von Dünger.
Gunda Rachut legte Wert auf eine gute Differenzierung: „Drop-in-Kunststoffe sind auch aus Biokunststoff möglich. In dem Fall sind sie recycelbar und aus meiner Sicht gut. Aber es bleibt die Problematik, woher der Rohstoff kommt und wie sein Fußabdruck ist.“ Bedenken müsse man auch, dass „Bioabbau“ in Deutschland schwierig sei. In Frankreich und Italien sei dies aufgrund anderer Verfahren und Abbauzeiten eventuell besser. „Insgesamt ist das eine schwierige Situation für gesamteuropäische Hersteller, die alle Märkte bedienen wollen oder müssen.“
Für Michael Düsener sind Biokunststoffe keine Alternative: „Biokunststoffe sind für COMPO auf keinen Fall eine Option, weil sie in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen“.

Verpackungsoptimierung Dank Digitalisierungsportal und Big Data
HelloFresh SE ist eine globale Food Solutions Gruppe und der weltweit führende Anbieter von Kochboxen, bei der Konsumenten für ausgewählte Rezepte alle benötigten Zutaten direkt geliefert bekommen. Thomas Regenhardt, Head of Packaging von HelloFresh SE, stellte in seinem Vortrag die Entwicklung, den Rollout und die geplante Weiterentwicklung des Dynamic Packaging Configurator (DPC) vor. Der DPC ermittelt für jede Bestellung anhand der Daten zu Form und Gewicht der verpackten, individuellen Kochbox-Zutaten die jeweils perfekte Größe und Verwendbarkeit der Verpackung. So werde weniger Luft versendet und das Transportvolumen gesenkt. „Mit der Implementierung der dynamischen Verpackungskalkulation konnten wir Papier, Plastik und CO2e-Verbrauch drastisch senken“, so Regenhardt. Bei Papier belaufen sich die Einsparungen nach seinen Angaben auf 10.000 Tonnen, beim Kunststoff auf 119 Tonnen und beim CO2e auf 4.300 Tonnen, was dem Aufkommen von 130 Haushalten in Deutschland entspreche. Für den Einsatz des DPC musste HelloFresh in einem ersten Schritt jede einzelne der 20.000 möglichen Zutaten für seine Kochboxen händisch wiegen und vermessen. „Dank dieser Daten kann der DPC jetzt für jede individuelle Kundenbestellung die optimale Verpackung auswählen und sie direkt und live and die Produktionslinie weitergeben. So kann an der Linie trotz wöchentlich wechselnder Rezepte immer die optimale Verpackung gewählt werden“, schildert Regenhardt. Im nächsten Schritt will HelloFresh seinen DPC ausbauen und noch stärker um Supply-Chain-Daten ergänzen. Konkret nannte Regenhardt Transport- und Wetterdaten, um beispielsweise Zeit- und Lieferaufwand sowie Kühlanforderungen optimieren zu können.

Digitalgestütztes Mehrweg für Gastronomie und Handel
Mehrweg für Take-away in Verbindung mit einer Tech-Plattform für Wirkungsmessung und Kundenbindung: Dr. Tim Breker, Geschäftsführer der VYTAL Global GmbH, stellte in seinem Vortrag das digitale Mehrwegsystem seines Unternehmens vor, das mehr Funktionalitäten und Mehrwerte bieten und vor allem umweltfreundlicher als Einwegvarianten sein soll. Die Grundlage des Systems ist ein digitaler Code, der jeden Mehrwegbehälter eindeutig und individuell kennzeichnet, so dass er verfolgt werden kann. Vytal sieht sich als „Bibliothekssystem“ für Mehrwegbehälter. Gastronomen zahlen pro Nutzung, d.h. jedes Mal, wenn sie einen Behälter an den Konsumenten ausleihen. Für Konsumenten ist die Nutzung kostenfrei. Sie erstellen ein Konto bei Vytal und können dann bei allen teilnehmenden Partnern Take-away Behälter für 14 Tage kostenfrei ausleihen. Nach Ablauf der Zeit wird ein Euro pro Tag berechnet. Nach 14 „Zahltagen“ geht der Behälter in den Besitz des Kunden über. Gastronomen können aus der Vielfalt der Vytal-Mehrwegbehälter wählen oder auch eigene Behälter mit einem Vytal-Code versehen und in das System einspeisen. Zur Nachhaltigkeits-Bilanz seines Mehrwegangebots sagte Breker, dass es bereits nach 10 Nutzungen umweltfreundlicher sei, als entsprechende Einweglösungen. Er betonte, wie wichtig Umweltaspekte für Konsumenten inzwischen geworden seien. Darüber hinaus gehe es aber auch um Bequemlichkeit und Convenience. „Es muss einfach sein“, so Breker. Pfand sei keine Lösung bzw. keine effiziente Organisationsform für Mehrweg. „Der Konsument muss gefühlt mehr bezahlen und die Hürde für Mehrweg muss jedes Mal erneut überwunden werden, was zu einer geringeren Nutzung führt. Außerdem führt Pfand zu höheren Kosten, weil es unabhängig von der Rückgabedauer zurückbezahlt wird - obwohl viele Behälter nur sehr verzögert oder gar nicht zurückgegeben werden“, gab Breker zu verstehen. Vytal ermögliche dagegen einen schnellen und zuverlässigen Behälter-Rücklauf. Die Nutzung der Mehrwegbehälter habe sich von Mai 2020 auf Mai 2021 mehr als verhundertfacht. Schon jetzt habe man mehr als 2,1 Millionen Einwegverpackungen ersetzt.

Das Metsä Board Excellence Centre
Auf der von der Gerhard Schubert Verpackungsmaschinen GmbH, Fachpack und Metsä Board unterstützten Verpackungstagung gab der finnische Sponsor den Teilnehmern in einer Live-Schalte Einblicke in sein Excellence Centre in Äänekoski. Das Excellence Centre beinhaltet ein Design-Studio, es werden Verpackungsprototypen hergestellt und an Digitaldruck sowie Intelligenten Verpackungen gearbeitet. Neben einem Virtual Store gibt es ein R&D-Labor, das über 100 Testmethoden fahren kann. Außerdem werden im Excellence Centre Verpackungen simuliert, analysiert und im Showroom ausgestellt. In Co-creation Workshops werden gemeinsam mit den Kunden existierende Verpackungen optimiert, neue Verpackungen gestaltet oder an neuen Materialien und Lösungen unter Einbeziehung modernster Technologien gearbeitet. Das Motto der Workshops: “When we do things together, it generates unforeseen ideas and solutions.”

CO2 als Rohstoff begreifen und nicht verteufeln
Wie sich Kunststoff aus CO2 gewinnen lässt und „Power-to-x-to-y“ für nachhaltige Produktionsprozesse genutzt werden kann, legte Dr. Arne Roth, Leiter Innovationsfeld Nachhaltige katalytische Prozesse des Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, in seinem hochspannenden Vortrag dar. Dr. Roth zeigte dazu Beispiele für die Synthese von Ethylenoxid aus CO2 und Wasser unter Verwendung erneuerbarer Energie. Dabei wird CO2 zu Ethylen und Wasser zu Wasserstoffperoxid umgewandelt. In einem elektrochemischen Prozess entsteht daraus dann Ethylenoxid und Ethylenglykol, das beispielsweise für die Herstellung von PET wichtig ist. Die Kombination industrieller Biotechnologie mit PtX eröffnet nach Ansicht von Roth reichhaltige, CO2-neutrale und skalierbare Möglichkeiten der Synthetisierung für Polymere, Kunststoffe und Verpackungsmaterialien. „Wir sollten CO2 als Rohstoff begreifen und nicht verteufeln“, so Roth. „Es geht darum, kohlenstoffneutral zu werden. Dazu sollten die verschiedenen Sektoren wie Energie, chemische Industrie, Transport, Landwirtschaft etc. verknüpft werden. Die konventionelle Produktion von Polymeren basiert auf fossilen Rohstoffen. Gleichzeitig gibt es biobasierte Rohstoffe aus nachwachsenden Quellen. Allerdings brauchen wir dafür Biomasse, die wir oft anderweitig benötigen, zum Beispiel für Lebensmittel. Eine Lösung könnte sein, den Blickwinkel zu weiten. Nachhaltigkeit ist nicht immer und nicht zwingend biogen. Ausgehend von CO2, Wasser und erneuerbaren Energien können wir hier nachhaltige Alternativen schaffen.“

Nachhaltige Laminattuben
Der Weg zu nachhaltigen Laminattuben stand im Mittelpunkt des Vortrags von Matthias Lütkemeier, Geschäftsführer der EPL Deutschland GmbH und Co KG. Das Unternehmen will mit nachhaltigen Verpackungen die Welt grüner machen, ohne dafür die Funktionalität der Verpackung einzuschränken. Dazu nutzt das Unternehmen eine Eco-Produkt-Toolbox, die auf den Werkzeugen Reduce, Reuse und Recycle aufbaut. Zum Thema Reduce nannte Lütkemeier als erste Regel: „Wähle die Verpackung mit dem maximalen Inhalt“. „Zwei kleine Tuben erzeugen rund 30 Prozent mehr CO2, als eine große Tube“, so der EPL-Geschäftsführer. Als zweite Regel für Reduce gelte: „Wähle den kleinsten Durchmesser für das gewünschte Füllvolumen. Das bringt zusätzliche 14 Prozent CO2-Ersparnis.“ In Bezug auf den Faktor „Reuse“ sagte Lütkemeier: „Mit Blick auf Rezyklateinsatz und Rezyklierbarkeit sehen wir aktuell einige negative Entwicklungen im Markt. Der Fokus liegt zu stark auf dem Rezyklateinsatz und zu wenig auf der Rezyklierbarkeit. Das führt zu einer Verknappung und zu einer Verschlechterung der Rezyklatqualität. Verpackung ist aber ein Hochleistungsprodukt mit engen Prozessfenstern, bei dem unterschiedliche Rezyklatqualitäten zu großen Problemen führen. Deshalb plädieren wir dafür, Kunststoffe auch aus alternativen Quellen zu nutzen. Wir brauchen Quellen für hochwertige Kunststoffe, die zu hochwertigen Rezyklaten führen können.“ 

Take-away: Nachhaltig, innovativ und konvenient auf die Hand
Eine neue, innovative Dönerverpackung, die prozessoptimiert und gleichzeitig nachhaltig ist, stellten die Start-up-Gründer Cihan und Bilal Dalgic vor. Sie hatten mit ihrer Lösung „Kebag“ dieses Jahr bereits den Deutschen Verpackungspreis in Gold gewonnen haben. Die Gründer-Brüder zeigten den Weg vom ersten Prototypen bis zum preisgekrönten Produkt. Über 18 Prototypen hinweg wurden Probleme mit Feuchtigkeit, Temperaturhaltevermögen und Recyclingfähigkeit ausgeräumt und der Kebag bis hin zum Arbeitsprozess und der Ergonomie für die Anwender respektive Bediener im Dönerladen optimiert. Der Kebag ist rein papierbasiert und kommt ohne Beschichtung aus, dafür - und für die Wärme- und Fettbeständigkeit - setzt er auf eine höhere Faserqualität.

Wie Etiketten zur Kreislaufwirtschaft beitragen.
Wie Etiketten zur Kreislaufwirtschaft beitragen, zeigte Marika Knorr, Head of Sustainablity & Communication, CCL Label Meerane GmbH, im letzten Vortrag der 31. Dresdner Verpackungstagung. Knorr stellte zu Anfang die Top-Trends bei nachhaltigen Verpackungen vor und zeigte danach nachhaltige Lösungen im Bereich Shrink Sleeve, Pressure Sensistive Label und Stretch Sleeve. Darunter auch das mit dem Deutschen Verpackungspreis ausgezeichnete EcoStretch als wiederverwendbares Stretch Sleeve für Mehrwegsysteme. In Bezug auf die Top-Trends nannte Marika Knorr an erster Stelle Design für Recycling. „80% der Umweltauswirkungen von Produkten entscheiden sich bereits in der Designphase“, so Knorr. Ein weiterer Top-Trend sei recyceltes Material. Hier ist das Ziel von CCL Label Meerane, mindestens 25 Prozent recycelten Inhalt in PET-Flaschen bis 2025 und 30 Prozent bis 2030 zu erzielen. Als globalen Top-Trend nannte Knorr den Wechsel von Multi- zu Monomaterialien aufgrund der besseren Recyclingfähigkeit. Auch kompostierbare Verpackungen zählt Knorr zu den Top-Trends. Hier erwähnte sie die globale Selbstverpflichtung ihres Unternehmens, 100 Prozent der Kunststoffverpackungen bis 2025 wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar zu machen. Auch biobasierte Kunststoffe gehören für Knorr zu den entscheidenden Trends. „Es gibt eine hohe Nachfrage nach Bio-PP und eine wachsende Nachfrage nach Bio-PET“, sagte die Head of Sustainablity & Communication.

Netzwerken und Nachwuchs gewinnen.
„Die Dresdner Verpackungstagung trumpft traditionell auch mit der Beteiligung zahlreicher Studierender aus Deutschland und Österreich. So können die Fachkräfte von morgen frühzeitig ihr Netzwerk ausbauen und die Unternehmen haben die exklusive Möglichkeit, schon heute die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für morgen kennenzulernen. Das haben wir auch bei den digitalen Verpackungstagen so gehalten - und konnten Studierenden aus Stuttgart, Hannover, Berlin, Leipzig, München, Kempten, Wien, Dresden, Karlsruhe und Bonn begrüßen.“ Im Zentrum des Netzwerkens stand ein digitales Matchmaking-Tool, über das sich die Teilnehmer einzeln oder in Gruppen besprechen und austauschen konnten.

Die Branche ist Pionier.
„Das Feedback zur Veranstaltung und dem Netzwerk-Tool waren sehr gut“, berichtet Batzke. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Trotzdem hoffen wir, die Dresdner Veranstaltung nächstes Jahr wieder in gewohnter Form als Präsenzveranstaltung durchführen zu können.“ Auch das inhaltliche Fazit des dvi- Geschäftsführers fällt positiv aus: „Es hat sich gezeigt, dass die Kreislaufwirtschaft sicherlich nicht an der Verpackung scheitern wird. Im Gegenteil: Unser Branche ist Pionier. Die Unternehmen innovieren mit extrem hoher Schlagzahl und Qualität.“

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