Am Ziel vorbei: dvi kritisiert das Gesetz zur Sonderabgabe für Einwegverpackungen aus Kunststoff.
Am 2. März 2023 hat der Bundestag eine Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik beschlossen, die ab 2025 zu zahlen ist und sich nach dem Volumen der im Vorjahr in Verkehr gebrachten und vom Gesetz eingeschlossenen Produkte richtet. Dazu zählen aus dem Verpackungsbereich zum Beispiel Getränkebecher und Speisebehälter. Wir bekräftigen unsere Ansicht, dass das Einweg-Kunststoff-Fonds-Gesetz dysfunktional ist und falsche Signale sendet.
Das neue Einweg-Kunststoff-Fonds-Gesetz geht auf eine als „Plastik-Steuer“ genannte EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 zurück, die seit dem 1. Januar 2021 in Kraft ist und von den Regulierern euphemistisch als „Kunststoff-Eigenmittel“ tituliert wurde. Leider haben sich alle Befürchtungen, die von Seiten der Wirtschaft und ihrer Verbände von Anfang an formuliert wurden, bewahrheitet. Die neue Abgabe auf Einweg-Kunststoff-Verpackungen für To-Go-Lebensmittel und Getränke sowie Tragetaschen ist alles andere als zielführend.
Doppelabgabe für Symptom-Bekämpfung
Die neue Steuer führt unserer Ansicht nach zu einer Doppelabgabe, weil die Inverkehrbringer der betroffenen Verpackungen ohnehin Lizenzentgelte für die Sammlung und Entsorgung ihrer Verpackung bezahlen. Auch das Littering-Problem lässt sich über die neue Abgabe nicht lösen. Man arbeitet sich an den Symptomen der Vermüllung des öffentlichen Raums ab, anstatt die Ursachen anzugehen. Dass die Unternehmen jetzt doppelt für die Entsorgung zahlen müssen, wird kaum dazu führen, dass jemand, der seine gebrauchte Verpackung bisher einfach auf die Straße geworfen hat, umdenkt.
Klarer Blick auf Verantwortung bei den Menschen
Interessanterweise sind die Konsumentinnen und Konsumenten in dieser Beziehung längst weiter, als die Politik. In einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage hatten wir 2018 ermittelt, dass sich eine absolute Mehrheit von 57,9 Prozent selbst in der Pflicht sieht, wenn es darum geht, Verpackungsabfälle in der Natur zu vermeiden. 55,8 Prozent wünschten sich mehr Sammelbehälter an mehr Orten, um Verpackungen nachhaltig entsorgen zu können. 53,9 Prozent fordern mehr Aufklärung, auch an den Schulen. 42 Prozent waren für höhere Strafen bei Littering. Statt wie von den Bürgerinnen und Bürgern gewünscht auf mehr Aufklärung, Engagement und Eigeninitiative zu setzen, bürdet man den Menschen jetzt höhere Kosten auf. Denn letztlich bezahlen Konsumentinnen und Konsumenten die Kosten eines Produkts – zu denen jetzt auch noch die neue Abgabe kommt.
Kritik aus Wirtschaft und Verbänden
Aus der Wirtschaft und von Verbänden war im Vorfeld der Verabschiedung des neuen Gesetztes massive Kritik an der Ausgestaltung geübt worden. Es mangelt nicht an fundierter Kritik, die von der ungerechtfertigten Höhe der neuen Abgabe über die zweifelhafte Berechnung auf der Grundlage von Stückzahlen bis hin zu bürokratischem Aufwand und Kosten durch dutzende neuer Stellen beim Umweltbundesamt und im Bundesumweltministerium reicht. Es ist bedauerlich, dass darauf an keiner Stelle eingegangen wurde. Das neue Gesetz muss zwar noch durch den Bundesrat, aber das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Zielführende Klima-, Kreislauf- und Umweltpolitik sieht anders aus.